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13. Tag
Fr. 02. August 2019

Es regnete nach wie vor, wenn auch deutlich schwächer. Während Susanne frühstücken ging, blieb ich im Bett und schlief noch bis kurz vor 10 Uhr. Letztendlich die richtige Entscheidung, schließlich lag heute noch eine Fahrt von über 650 km mit Ziel Budapest vor uns. So war ich wenigstens fit dafür.

Eigentlich war für heute der Besuch der Cetatea Salgo bei Sibiel angedacht, der Aufstieg dauert jedoch selbst bei gutem Wetter zweieinhalb Stunden. Da es die letzten Tage stark geregnet hatte und somit alle Wege aufgeweicht sein würden, ließen wir sie aus. Zumal es zugegebenermaßen auch nicht sonderlich klug von mir war, diese Burg mit weitem Laufweg ans Ende der Tour zu setzen, wo unsere Energiereserven bereits aufgebraucht waren.
Stattdessen machten wir einen Abstecher zur schönen Kirchenburg in Cristian (Großau) aus dem 13. Jahrhundert, wo ein Storch tiefenentspannt auf der Straße stolzierend den Durchgangsverkehr verlangsamte. Am Flussufer sammelten zwei Frauen Abfälle ein, denen ich zu deren Freude als dankende Anerkennung etwas Geld zusteckte.

Im Hof der Kirchenburg richtete man gerade Tische und ein Buffet für eine Festlichkeit. Trotzdem nahm man sich gerne die Zeit, um uns alles aufzuschließen und zu zeigen. Im Speckturm wurde vielerlei Dinge, wie Würste, Marmelade und andere selbstgemachte Lebensmittel angeboten. Dort kaufte ich für Melanie, die während dieser Reise meine Katze versorgte, Marmelade ein Dankeschön.

Cristian (Großau) wurde erstmals 1223 urkundlich erwähnt, in Zusammenhang mit der Schenkung von Cisnadioara (Michelsberg) an die Abtei von Carta (Kerz). 1359 wird Großaus Zugehörigkeit zum Königsboden dokumentiert.
1493 wurden Großau und andere Dörfer nach dem überraschenden Einfall der Türken in die Ebene von Sibiu (Hermannstadt) niedergebrannt. Am 15. Oktober 1529 brandschatzen die Banden des walachisischen Bojaren Dragan den Ort. 1530 belagerten Türken, Tataren und Walachen im Verlauf der Thronkämpfe zwischen Johann Zapolya und Ferdinand von Österreich Sibiu und hatten ihr Lager auch in Großau aufgeschlagen, das 1531 zu Zapolya überging. 1533 wüteten Pest und Cholera im Ort, 1556 gab es wieder Streit mit den Rumänen wegen eines Geländes im Tal des Lauterbachs, desgleichen 1569 und 1570 wegen Weidegebieten im Gebirge, die im Besitz von Großau verblieben, aber von Rumänen genutzt werden durften. 1599 stürmte die Soldateska des walachisischen Angreifers Mihai die Wehrkirchenburg und tötete den Pfarrer der Sakristei. 1658, im Krieg gegen Georg II. Rákóczi, zog ein großes Türken- und Tatarenheer zusammen mit walachisischen Gefolgstruppen von Sibiu nach Alba Iulia (Karlsburg / Weißenburg). Der Pfarrer Johann Oltard bestach einen rumänischen Bojaren mit 60 Talern und erreichte den friedlichen Durchzug der Truppen. Ein betrunkener Großauer jedoch schoss aus der Kirchenburg auf die Soldaten, worauf die Burg erstürmt, die Verteidiger des Glockenturms durch Feuer erstickt und das ganze Dorf niedergebrannt wurde. 1708 trieben die Kuruzzen das Vieh fort.
 
Der Kirchhof der Wehrkirchenburg war anfangs von einer Palisadenumwallung mit Graben geschützt. Die heutige gotische Hallenkirche, 1444 als Servatiuskirche bezeichnet, hatte eine romanische Vorgängerin, die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut worden war. Von 1470 bis 1498 wurde die romanische Kirche abgetragen und von Meister Andreas Lipicida im gotischen Stil neu erbaut, wobei die Fundamente zum Teil beibehalten wurden. Von der ehemaligen dreischiffigen Basilika sind nur noch die drei unteren Geschosse des im 13. Jahrhunderts entstandenen Glockenturms vorhanden. Beim Umbau zur gotischen Hallenkirche erhielt der Chor ein Wehrgeschoss mit zuführendem Treppentürmchen an seiner Nordwand. Ende des 14. Jahrhunderts wurde die innere Ringmauer gebaut. Der alte Torturm mit tonnengewölbter Einfahrt verband die innere mit der im 15. Jahrhundert erbauten äußeren Ringmauer. Der Torturm ist nicht mehr vorhanden, da er im 18. Jahrhundert bei einem Hochwasser unterspült wurde und zusammenbrach. 1731 wurde die Ringmauer teilweise neu aufgebaut und 1772 repariert. 1975 erfolgte eine umfassende Restaurierung der Gesamtanlage.




Biserica fortificata Cristian (Großau)


Als nächstes wollten wir die neuromanische Kirche in Almas besuchen, die noch Reste der früheren Wehrmauer samt einer Schießscharte beinhaltet. Unser Weg endete allerdings auf einem unbefestigten Feldweg, der schlichtweg unbefahrbar war. Es hätte mit einem Umweg über die Autobahn zwar noch eine andere Anfahrtsmöglichkeit gegeben, aber unsere Motivation war nicht mehr sonderlich groß. So drehten wir um und fuhren weiter.
Die Autobahn zwischen Deva (Diemrich) und Arad / Timisoara (Temeswar, Temeschburg) war noch nicht durchgehend fertiggestellt, weshalb es nach 45-minütigem Stau an der Abfahrt über Landstraßen weiter ging, wo ich ein paar Mal anhielt, um Straßenhunde zu füttern.



Cetatea Deva (Zitadelle Diemrich)


Da mir das Mausoleum von Tag 3 nicht aus dem Kopf ging und wir aufgrund der ausgelassenen Burg Salgo noch ausreichend Zeit hatten beschlossen wir, das imposante Bauwerk nochmals anzufahren. Von einem Bekannten aus Rumänien hatte ich mittlerweile erfahren, wo im Ort der Schlüsselwächter zu finden sein sollte. Das angegebene Haus war jedoch offensichtlich unbewohnt. Ich klopfte daraufhin an eine Tür in der Nachbarschaft, als ein Mann in schleppendem Gang auf mich zukam. Es war jene dubiose Person, die uns bereits am dritten Tag unserer Reise zum Mausoleum gefolgt war. Sein Erscheinungsbild war, sagen wir "gewöhnungsbedürftig". Er trug ein fleckiges, zerrissenes und mit Filzstift bekritzeltes T-Shirt, seine ungewaschenen, lockigen Haare hingen ihm ins Gesicht. Wiederum sprach ich ihn an und fragte ihn auf rumänisch erneut nach dem Schlüssel zum Mausoleum und der Möglichkeit, es innen zu fotografieren. Er deutete mir an, dass ich ihm folgen solle und ging auf ein Nachbargrundstück, wo gerade ein anderer Mann aus dem Haus trat. Zwischen den beiden entfachte sofort ein lautstarker Streit. Worum es dabei ging, verstand ich nicht, aber offenbar musste zuvor etwas unter ihnen vorgefallen sein. Kurz darauf verschwanden beide Männer im Haus, eine obskure Situation. Während ich wartete, kam eine junge Frau aus der Tür, die mich auf englisch ansprach. Ihr erklärte ich mein Anliegen und sie sagte mir, dass der Mann (jener mit dem schmutzigen Shirt) ihr Vater sei und den Schlüssel besäße. Ich kann nur mutmaßen, warum er uns das nicht bereits beim ersten Besuch zu verstehen gab. Jedenfalls ging die Frau wieder hinein und kurz darauf kam ihr Vater mit dem heiß ersehnten Schlüssel, ging mit uns zum Mausoleum und schloss es auf. Susanne und ich waren entsprechend glücklich darüber, nochmals hier hingefahren zu sein und dass wir diesmal Erfolg hatten.

Im Inneren der größeren Halle erhob sich über uns eine halb zerfallene Kuppel, neben der Eingangstür standen Bänke und auf einem Wagen ein leerer Sarg aus Metall. Der Mann zeigte indes Interesse an Susanne und folgte ihr auf Schritt und Tritt, was dazu führte, dass ich mir ein Schmunzeln nicht verwehren konnte. Derweil erzählte er unaufhörlich irgendwas mit schwammiger Stimme, verstehen konnten wir ihn aber nicht. Nachdem wir in der Halle alles fotografiert hatten, führte uns er uns über eine Wendeltreppe auf die Empore oberhalb der Eingangstür. Von dort zweigten wiederum Treppen und Leitern auf die beiden Glockentürme ab, von denen aber nur noch einer sicheren Fußes begehbar war.

Das imposante Mausoleum wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von einem Baron eines österreichisch-ungarischen Adelsgeschlechts erbaut. Dessen Frau wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in der Krypta unter dem Mausoleum begraben, nur ein halbes Jahr später fand auch der Baron seine Ruhestätte in der Familiengruft. Die Nachkommen des Barons haben ihre Grundstücke verkauft, einige von ihnen sind nach Kanada ausgewandert, und das Erbe wurde in Stücke gerissen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entweihte der Bürgermeister des Ortes die Gräber der Adelsfamilie, und alle Gegenstände wurden von ihm gestohlen. Der Bürgermeister wurde erwischt und zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt.






Mausoleul abandonat


Zum Dank gaben wir dem Mann etwas Geld, danach machte Susanne noch Außenaufnahmen per Drohne.

Auf der Weiterfahrt legten wir einen Stopp am Conacul Damaszkin aus dem Jahr 1788 ein, nach dessen äußerem Erscheinungsbild ich eigentlich davon überzeugt war, dass es verlassen sei. Mehrere Fensterscheiben waren zerbrochen und Teile des Daches bereits eingestürzt. Hinter einem der Fenster brannte zu unserer Verwunderung jedoch Licht und eine Person bewegte sich im Inneren, sodass das baufällige Gebäude also tatsächlich noch bewohnt war. Von Fotos aus dem Internet wusste ich, dass die ungenutzten Bereiche komplett entkernt sind, deshalb verzichteten wir darauf zu klopfen, um eine Innenbesichtigung zu erfragen.



Conacul Damaszkin


Während unserer Fahrt Richtung Budapest setzte erneut Regen ein, Stau inklusive, weshalb wir nur langsam voran kamen. An der Grenze gaben wir an einer Tankstelle unser letztes rumänisches Bargeld aus und ich verfütterte den Rest des Hundefutters an Straßenhunde, bevor wir in Ungarn essen gingen. Die Übersetzungen auf der dortigen Speisekarte waren äußerst amüsant. Aus "Blumenkohl" beispielsweise wurde im Englischen "cheese" (Käse), "Ananas" übersetzte man mit "Hure". :-D  Helfend wollte ich die Bedienung freundlich auf die Fehler hinweisen, diese interessierte sich allerdings überhaupt nicht dafür.



Übersetzungsfehler in einem ungarischen Restaurant


Wenige Minuten vor Mitternacht kamen wir bei unserem Hotel "Népliget" in Budapest an, wo wir trotz der späten Stunde nett empfangen wurden. Im Eingangsbereich stand ein gepflegtes Aquarium und auch sonst machte die Unterkunft einen sauberen Eindruck. Im Zimmer warteten Schokolade, Notizblock und Schlüsselanhänger als Willkommensgeschenke auf uns und das Bad war mit einer Vielzahl an Pflegeprodukten ausgestattet. Lediglich der von der Straße kommende Verkehrslärm war leider wieder mal recht laut (ob ich diesbezüglich überempfindlich bin oder einfach Pech mit den Unterkünften hatte, sei jetzt mal dahingestellt; allerdings eher letzteres). Auch dass es keine Nachttischlampe und keinen Lichtschalter am Bett gab, war etwas ungünstig gelöst, weil man sich so nach dem Ausschalten des Lichts im Dunkeln zum Bett tasten musste.


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